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NutzerInnenzentrierung – was ist das?

Ein tiefes Verständnis für NutzerInnen ist im Designprozess unabdingbar. Denn nur wer die Wünsche und Bedürfnisse seiner aktuellen und vor allem künftigen NutzerInnen kennt und achtet, kann sein Produkt bzw. seine Marke bestmöglich gestalten und erspart sich langwierige Änderungsprozesse oder gar teure Nachbesserungen.

Herausfinden, wer die NutzerInnen eigentlich sind

Zu Beginn des Prozesses muss zuallererst herausgefunden werden, wer denn eigentlich die Nutzerinnen sind? Im klassischen Marketing wird hierfür gerne die Bildung von Kundensegmenten und Zielgruppen verwendet. Diese Art der Segmentierung befindet sich allerdings auf einer Makroebene und bezieht explizite Informationen, wie es bspw. demographische Kriterien sind, ein. Um ein ganzheitliches NutzerInnenprofil zu erstellen und sich besser in die Nutzerinnen hineinversetzen zu können, muss auch die Mikroebene, also die impliziten Informationen des Menschen berücksichtig werden, wie auch in der Abbildung 1 dargestellt wird (Freudenthaler & Sposato, 2017). Das heißt, man muss herausfinden, wie diese NutzerInnen wirklich „ticken“, was sie für Wünsche haben, was sie nervt, was sie als schwierig empfinden, was ihnen helfen würde, etc. Diese Informationen bekommt man nur, wenn man mit den Menschen direkt spricht, sie beobachtet und einmal in „ihrer Haut“ steckt. Ein schönes Zitat hierfür findet man in Stickdorn et al. (2018):

„A mantra we use is to see the customer (observation), hear the customer (dialogue), and be the customer (self-ethnography) – three complementary methods to understand customers or employees.“Simon Clamworthy (Stickdorn et al., 2018)

Abbildung 1: Ganzheitliches NutzerInnenprofil (Eigene Darstellung in Anlehnung an Freudenthaler-Mayrhofer & Sposato, 2017)

Wichtige Informationen durch die Einbindung der NutzerInnen im gesamten Designprozess gewinnen

Zu Beginn des Designprozesses befindet man sich immer im sogenannten „Problemraum“, der sich aus den beiden Phasen Discover und Define zusammensetzt, wie man auch in Abbildung 2 sehen kann. Es geht darum ein tiefes Verständnis für die Problematik und die NutzerInnen zu gewinnen. Mann muss also versuchen so viele Informationen über die wahren Bedürfnisse der NutzerInnen zu bekommen als möglich. Denn zumeist sind die in einem Interview schnell mal erwähnten Bedürfnisse nicht die wirklichen oder nur die oberflächlichen und man muss durch weiteres Hinterfragen oder Beobachten noch tiefer graben.

Wenn man ein klares Bild über die Herausforderungen und die NutzerInnen hat und daraus Anforderungen an eine Lösung definiert hat, kann man im Prozess in den „Lösungsraum“ wechseln. Der Lösungsraum besteht aus den beiden Phasen Develop und Deliver. Hier geht es darum Ideen zu generieren, Ideen zu kombinieren, Lösungen zu entwickeln, diese zu testen und natürlich weiterzuentwickeln. Dabei können potentielle NutzerInnen sehr wertvoll sein, denn sie liefern uns im Prozess wichtige Informationen zur Lösung: was ihnen gefällt, was nicht, was man eventuell noch in die Lösung integrieren oder wie die Lösung überhaupt aussehen könnte. Von der Ideengenerierung bis hin zum Testen bereits entwickelter Lösungen können potentielle NutzerInnen wichtige Inputs geben.

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Abbildung 2: Der Designprozess mit seinen 4 Phasen (Eigene Darstellung in Anlehnung an Design Council, 2014)

Die Methoden, um die NutzerInnen in den Designprozess miteinzubinden

Wie sieht die Einbindung der NutzerInnen im Designprozess aber nun konkret aus? Hier gibt es eine Vielzahl an User Research und kreativen Methoden. Ein Auszug einiger gängiger Methoden:

User Interviews
Interviews werden mit den NutzerInnen geführt, um ein besseres Verständnis für deren Bedürfnisse zu bekommen. Wichtig dabei ist einen Interviewleitfaden vorzubereiten, die NutzerInnen allerdings sehr frei erzählen zu lassen, ohne zuviel fragen zu müssen. Die meisten unerwarteten Antworten und tiefergehenden Informationen bekommt man, wenn man offene Fragen stellt und immer wieder hinterfragt.

Fokusgruppe
Eine kleine Gruppe potentieller NutzerInnen spricht über allgemeine Herausforderungen und Wünsche an eine Lösung. Unterschiedliche Perspektiven werden diskutiert und im Gespräch können auch bereits erste Ideen entstehen.

Beobachtung
NutzerInnen werden in der Nutzungssituation beobachtet. Dadurch erhält man einen tiefen Einblick in Verhaltensweisen und Herausforderungen, die möglicherweise in einem Interview nie an den Tag kommen würden.

Co-Creative Workshops
In Co-Creative Workshops werden gemeinsam mit potentiellen NutzerInnen Lösungen entwickelt: Von der Ideengenerierung über die Entwicklung von möglichen Lösungen bis hin zur Ausarbeitung von diesen Lösungen als Lo-Fi Prototypen.

Tagebuch
NutzerInnen führen ein Tagebuch und schreiben hier ihre täglichen Erfahrungen, Emotionen und Herausforderungen hinein. Dadurch kann man einen sehr tiefen Einblick in das Leben eines Individuums gewinnen und wichtige Erkenntnisse für die zu entwickelnde Lösung gewinnen.

User Testing
Beim User Testing werden die entwickelten Lösungen, von den ersten Lo-Fi Prototypen bis hin zu den finalen Hi-Fi Prototypen, von potentiellen NutzerInnen getestet. Dadurch erhält man wichtige Informationen für die Weiterentwicklung der Lösung.

Umfragen
Standardisierte Umfragen können in Designprozessen begleitend verwendet werden, um eine Masse an Informationen zu sammeln. Doch zumeist werden in Designprozessen qualitative Methoden bevorzugt, da man dadurch viel tiefer in die Gefühlswelt eines Menschen dringen kann als mit einem standardisierten Fragebogen.

Desk Research
Auch Desk Research Methoden können verwendet werden, um eher oberflächliche Informationen zu gewinnen. Dabei können Blogs, Social Media Plattformen oder diverse Foren sehr gute Anbieter von Informationen sein.


Quellen

Stickdorn, M., Hormess, M., Lawrence, A., Schneider, J. (2018). This is Service Design Doing: Using Research and Customer Journey Maps to Create Successful Services. O’Reilly UK Ltd.

Freudenthaler-Mayrhofer, D., Sposato, T. (2017). Corporate Design Thinking. Wie Unternehmen ihre Innovationen erfolgreich gestalten. Springer Gabler Verlag.

Teresa Sposato, Bakk. MA

Teresa Sposato, Bakk. MA

Teresa Sposato ist Designerin, Autorin, Lehrbeauftragte für Design und Design Thinking und vor alle dem: Problemlöserin und Ideengestalterin. Ihr Wissen aus Praxis und Theorie (akademische Ausbildungen in der Wirtschaft, dem Design und der Didaktik) setzt sie seit 2010 für den Erfolg ihrer Kund:innen ein.